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Hufschutz - Eisen vs Kunststoff

Eisen vs Kunststoff

Vor- und Nachteile bei der Verwendung moderner Materialien im Hufbeschlag

Es ist nicht immer einfach für den Pferdebesitzer, sich für den richtigen Hufschutz zu entscheiden - zu unterschiedlich scheinen die Informationen, die man aus Medien, Werbung und von Hufexperten verschiedener Lager bekommt. Der folgende Artikel bemüht sich, auf die verschiedenen Aspekte der Thematik einzugehen und praktische Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Wichtig ist hierbei, Vor- und Nachteile für das Pferd, unabhängig von den Vor- und Nachteilen für den Besitzer aufzuzeigen, da sich diese nicht unbedingt decken.

Die positiven Aspekte des klassischen Eisens für den Pferdehalter scheinen vielfältig. Es ist im Vergleich zu anderen Beschlägen die günstigste Variante; man findet meist genügend Hufschmiede, die sich mit der Verarbeitung auskennen und kann zwischen einer beinahe grenzenlosen Vielfalt an Formen und Modellen auswählen. Des Weiteren lässt sich Eisen aufgrund der Formbarkeit des Materials individueller bearbeiten als andere Werkstoffe.

Die Pluspunkte der Kunststoffbeschläge auf Menschenseite scheinen geringer - die Beschläge sind teurer, nicht jeder Hufbearbeiter kennt sich mit der Verarbeitung aus und die Materialen lassen sich nicht immer so individuell bearbeiten wie Metall. Nun zu den Aspekten, die für die eigentlich Betroffenen, die Pferde, von Bedeutung sind.

Formenvielfalt - Cytek Beschlag aus Eisen - Foto Florian HäfnerFormenvielfalt - Cytek Beschlag aus Eisen - Foto Florian Häfner

Das Eisen lässt sich, wie gesagt, sehr individuell anpassen und gewährleistet Formstabilität während der gesamten Nutzungsdauer (korrekte Verarbeitung vorausgesetzt). Nachteilig ist das hohe Gewicht, welches unter Umständen die Bewegungsabläufe negativ beeinflussen kann, welches vor allem bei hoher Geschwindigkeit zu einem überproportional starken Anstieg der Belastung durch Fliehkräfte auf die Gliedmaßen führt. Die seitliche Ausdehnung des hinteren Hufbereiches unter Last - oft als Hufmechanismus bezeichnet - wird unphysiologisch verstärkt. Der Huf mit Eisen bewegt sich also nicht wie oft angenommen weniger, sondern mehr bzw. zuviel! Dies lässt sich anhand eines Beispiels leicht verständlich machen. Man stellt sich den Huf als flexiblen Stoßdämpfer ähnlich eines Gummiballs vor. Bei einem Wurf prallt dieser Ball im Moment des Auftreffens auf natürlichen Erdboden nicht zu stark zurück (abhängig von der Bodenfeuchtigkeit). Trifft dieser Ball jedoch auf Eisen, führt dies zu einem weitaus stärkeren Abprallen und damit zu einer viel stärkeren Deformation des Balls. Sinngemäß vollzieht sich der gleiche Ablauf beim Pferdehuf. Dieser Vorgang verschlechtert die stoßbrechenden Eigenschaften des Hufes und führt zu einem verstärkten Abrieb des Horns im Trachtenbereich - durch Scheuerrillen auf den abgenommenen Eisen oft leicht nachzuvollziehen.

Sinnvolle Kombination der Materialien Eisen und Kunststoff - Foto Florian HäfnerSinnvolle Kombination der Materialien Eisen und Kunststoff - Foto Florian Häfner

Kunststoffbeschläge scheinen auf den ersten Blick viele dieser Nachteile nicht zu haben. Sie sind leicht, haben stoßbrechende Eigenschaften, sind in ihrer Gleitreibung (Verhalten auf verschiedenen Böden) den Eigenschaften von Hufhorn sehr ähnlich. Weiterhin ermöglichen Kunststoffbeschläge dem Huf sogar ein gewisses Verwinden, also eine natürliche Anpassung an Bodenunebenheiten, welche die Gelenke vor einer übermäßigen Belastung schützt.

Genau diese Flexibilität stellt sich in der Praxis aber auch als das große Problem von Kunststoffbeschlägen heraus. Da kein Huf völlig symmetrisch ist, ist auch die Last, die durch ihn übertragen wird, nicht ganz gleichmäßig und führt dazu, dass sich Kunststoffbeschläge während des Beschlagsintervalls ungleichmäßig verformen und dann wiederum ihrerseits den Huf ungleichmäßig belasten. Dieses Phänomen ist bei kleinen, kompakten Hufen oftmals nicht stark ausgeprägt und meist nur vom Fachmann zu erkennen; bei flachen, weiten Hufen jedoch offensichtlich und häufig von katastrophalen Folgen - der Huf deformiert.

Was also nun? Schlechte Stoßdämpfung auf der einen und mangelnde Stabilität auf der anderen Seite!?!

Die beste Lösung lässt sich nur individuell entscheiden. Handelt es sich um Pferde, die den Großteil der Zeit auf weichen Böden arbeiten, lässt sich der Aspekt der Dämpfung durch den Beschlag getrost vernachlässigen, da ja der Boden in sich genügend nachgibt - es kann also meist ohne Nachteile mit Metall beschlagen werden, solange der Beschlag nicht zu schwer ist.

Was aber bei Pferden, die auch viel auf harten Böden bewegt werden? Nun … falls sie zu denen gehören, die kleine, symmetrische Hufe haben, ist ein Kunststoffbeschlag durchaus zu überdenken - wenn solche Pferde nicht ohnehin Barhuf laufen können - bekanntermaßen für alle Beteiligten die einfachste Lösung. Für alle anderen - also auch bei nicht optimalen Hufen, intensiv arbeitenden Sportlern, Pferde mit „Beinproblemen“ - ist es lohnenswert, über die Kombination verschiedener Materialien nachzudenken. Ein leichtes, griffiges Eisen in Kombination mit einer stoßdämpfenden Einlage und wenn möglich, einem Polstermaterial, welches den Hohlraum zwischen Platte und Huf ausfüllt. So wird die notwendige Stabilität des Beschlages gewährleistet und es besteht dennoch eine sehr gute Dämpfung. Ein weiterer positiver Aspekt ist, dass der Huf auf großer Fläche zur Lastaufnahme herangezogen wird - wie auch beim Barhufer.

Auch die Kosten sind in Bezug auf die Vorteile oft überschaubar, da die Einlegesohlen meist mehrmals verwendet werden können. Wichtig ist in jedem Fall, die für jedes Pferd individuell passende Lösung zu finden - ohne in die eine oder andere Richtung dogmatisch zu sein.

 

Text und Fotos:

Florian Häfner - Staatl. geprüfter Hufbeschlagschmied/Huftechniker GdHk
74189 Weinsberg, Mobil: 0171-4726583

www.fh-hufbeschlag.de