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Das Hier und Heute des Friesenpferdes

 1 Foto Copyright DFZ - Markus Neuroth -   Friesenhengst Maeije 440Foto © DFZ - Markus Neuroth - Friesenhengst Maeije 440

Friesen - eine der ältesten Pferderassen Europas

Ging es im "Rasseportrait Friesenpferde", dem vorangegangenen ersten Teil, um die sehr wechselvolle, von vielen Hochs und Tiefs bestimmte Geschichte des Friesenpferdes, sollen in dieser Ausgabe die jüngere Vergangenheit und die Gegenwart im Mittelpunkt stehen. Wie schon in früheren Zeiten war es einigen - zum Glück unverbesserlichen -niederländischen, besser gesagt friesischen Züchtern zu verdanken, dass die friesische Rasse nicht ausstarb. Mit dem Restbestand von einigen Hundert eingetragenen Zuchtstuten und drei Hengsten wagten sie einen Neubeginn.

Neu waren auch ihre Maßnahmen, die sie ergriffen, um „ihre“ Pferde populär zu machen. Erste gezielte Werbekampagnen, wie ein Sternritt durch Friesland, Spendenaktionen oder Lotterien fanden überregionales Medieninteresse. So gelang es mit der Zeit, einem breiteren Publikum - nicht zuletzt auch durch entsprechende Messen und Präsentationen auf großen Veranstaltungen - das Friesenpferd endgültig vor dem Aussterben zu bewahren.

Über die letzten Jahrzehnte lernten viele Menschen die besonderen, positiven Eigenschaften der friesischen Rasse kennen und entdeckten, wie vielseitig sie einzusetzen sind. Große Messen in Deutschland - die Eurocheval in Offenburg und die Equitana in Essen sorgten Anfang der 80er Jahre dafür, dass das Friesenpferd auch hierzulande einem größeren Personenkreis bekannt wurde. Viele pferdebegeisterte Menschen sahen hier zum ersten Mal die beeindruckenden Rappen, die einfach auffielen. Sei es durch ihre imponierende Erscheinung oder ihre Vielseitigkeit. So wurden sie unter dem Sattel als nervenstarkes Freizeitpferd und auch talentiertes Dressurpferd präsentiert oder als imposantes Kutschpferd, das in vielen verschiedenen Anspannungen mit seiner sogenannten hohen Knieaktion für so manches Aha-Erlebnis sorgte.

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Dem Charme dieser Rasse, der u.a. in seiner starken Ausstrahlung und seinem in der Regel sanften Charakter begründet liegt, konnten und können sich viele Menschen nicht entziehen. So beläuft sich der weltweite Bestand inzwischen auf ca. 60.000 registrierte Pferde (Stand 2011). Weltweit ist dabei tatsächlich nicht übertrieben. Wahrscheinlich wäre es inzwischen einfacher, die Länder aufzuzählen, in denen der Friese nicht Einzug gehalten hat ... Selbst in Ländern wie China, Australien, Neuseeland, Süd-Afrika, Chile oder Russland haben sie inzwischen ihre Liebhaber gefunden. Es ist lebendiges Kulturgut in einer sich stets und immer schneller verändernden modernen Zeit.

Es ist schon erstaunlich: der heutige Typ Friesenpferd ist allein durch Selektion aus dem früheren Pferdebestand gezüchtet worden. Das inzwischen sogenannte geschlossene Stammbuch ermöglicht es, dass alle heute lebenden Friesenpferde mit niederländischem Papier bis zu den Ursprüngen zurückverfolgt werden könnten. Keine andere Pferderasse hat nach den bereits erwähnten iberischen Pferden jemals wieder Einfluss auf die friesische Pferderasse genommen. So haben wir einerseits die „Reinheit“ dieser Rasse, andererseits aber auch dadurch bedingt eine Einengung der Blutlinien (Inzucht).

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Allerdings achtet das niederländische Stammbuch (KFPS - Koninklijk Friesch Paarden Stamboek) sehr auf die Beachtung des Inzuchtgrades - er ist im Papier jedes Friesen vermerkt und sollte unter 5% liegen. Außerdem wird seit einiger Zeit auch die Verwandtschaft eines Pferdes mit der Gesamtpopulation (Verwandtschaftsgrad) berechnet. Darüber hinaus ist das Stammbuch sehr aktiv, was die Beurteilung und Prämierung von Fohlen, Stuten, Hengsten und Wallachen angeht. Auf Zuchtschauen in den Niederlanden, Europa und auch in Übersee (in allen Ländern, die durch Zuchtvereinigungen dem KFPS angeschlossen sind) werden die dort vorgestellten Pferde vom Fohlen bis zum erwachsenen Pferd von sogenannten Körmeistern beurteilt und bei entsprechender Qualität mit Prämien ausgezeichnet. Zusätzlich wird durch die jeweils anwesende Körkommission für jedes Pferd, das dort zur Aufnahme ins Stammbuch vorgestellt wird, ein Beurteilungsbogen erstellt. Dieser Bogen gibt Auskunft über Merkmale des Exterieurs, den Rassetyp und die Bewegungen.

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Eine Besonderheit der beim KFPS und aller angeschlossenen Zuchtvereinigungen registrierten Fohlen: sie bekommen kein Brandzeichen. Ab 1976 war die Zungentätowierung - eine Buchstaben-/Zahlenkombination seitlich an der Zunge tätowiert - üblich. Seit einigen Jahren, nicht zuletzt auch aus tierschutzrechtlichen Gründen, werden Fohlen gechipt, d.h. sie bekommen einen Mikrochip unter die Haut implantiert. Dieser Chip kann mit einem entsprechenden Scanner gelesen und mit den Angaben im Papier des Pferdes verglichen werden. Somit sollen - genau wie bei der Zungentätowierung - Verwechslungen ausgeschlossen sein.

Etwas Einmaliges ist auch die Namensgebung. Ist es in anderen Zuchten z.B. üblich, den Fohlennamen mit dem gleichen Buchstaben des Vaternamens beginnen zu lassen, werden hier vom Stammbuch jährlich drei Anfangsbuchstaben vorgegeben. Dies geschieht nicht willkürlich, sondern folgt dem Alphabet. Begannen im letzten Jahr die Namen der Fohlen mit J, K oder L sind es in diesem Jahr die Buchstaben M, N oder O. Ist man am Ende des Alphabets angelangt, beginnt man im darauffolgenden Jahr wieder von vorn.

Wenn hier von den Besonderheiten die Rede ist, darf auch die äußerst strenge Hengstselektion nicht unerwähnt bleiben. Nach bereits sehr strengem Vorauswahlverfahren, werden jährlich etwa eine Handvoll junger Hengste vorläufig gekört. Die Auszeichnung „gutgekört“ und somit die lebenslange Deckerlaubnis bekommen die Hengste gewöhnlich erst im Alter von 6 - 8 Jahren, wenn sie ihre sogenannte Abstammungskörung absolviert haben. Hierfür werden ihre ersten Jahrgänge (ausgewählte Nachkommen vom Fohlen bis zum 3-jährigen Pferd) beurteilt. Da es immer um eine Verbesserung der Zucht geht, wird der Hengst nur bei überdurchschnittlich guter Bewertung dieser Nachkommen „auf Abstammung gutgekört“, das heißt auf Lebenszeit. Sollte die Nachzucht nicht der strengen Begutachtung standhalten, wird der entsprechende Hengst ohne wenn und aber abgekört. Eine derartig strenge Zuchtauswahl sucht weltweit seines gleichen.

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Im vorangegangenen Artikel, dem Rasseportrait Friesenpferde, ist viel über Geschichtliches, die Zucht und die Beurteilung des Friesenpferdes berichtet worden. Was aber macht nun eigentlich den ganz besonderen Reiz dieser Rasse aus?

Lesen Sie dazu im nächsten Artikel: Schwarze Perlen - Faszinierende Friesenpferde

DFZ - Deutsche Friesenpferdezüchter im KFPS e.V.
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Tel.: 03909 - 481982
www.df-z.de

Text: © Annegret Einig-Coenen
Fotos: © Markus Neuroth